Seneca

Seneca


Seneca

Hört auf mit dem Lärm! Ruuuhe!!! (Epistula LVI:, 1-2, 15)

Seneca grüßt seinen Lucilius

[1] 1. Ich möchte tot sein, wenn Stille so notwendig ist, wie es den Anschein hat, für einen, der in seine Studien zurückgezogen hat.
2. Sieh doch, von allen Seiten umtönt mich Lärm verschiedenster Art: direkt über einem Sport- und Badecenter wohne ich.
3. Stelle Dir nun alle Arten von Lärmbelästigungen vor, die Haß auf die eigenen Ohren erzeugen können:
4. wenn Muskelprotze trainieren und ihre Hände, mit (Blei)Hanteln beschwert, schwingen, wenn sie sich entweder abmühen oder (nur) so tun, als ob sie sich abmühten, höre ich ihr Stöhnen, ihr Zischen und Gekeuche, sooft sie den angehaltenen Atem wieder ausstoßen,;
5.wenn ich an jemanden geraten bin, der nichts tut, und sich mit einer gewöhnlichen Massage begnügt, höre ich das Klatschen der Hand, die auf die Schultern schlägt; je nachdem, ob sie flach oder hohl aufschlägt, verändert sie dabei das Geräusch.
6. Wenn aber ein Ballspieler unerwarteter Weise dazukommt und die Bälle zu zählen beginnt, ist es um mich geschehen.

[2] 7. Nimm nun noch einen Raufbold, einen ertappten Dieb und einen dazu, dem die eigene Stimme im Bad gefällt, füge nun die hinzu, die ins Schwimmbecken springen, wobei es gewaltig platscht, wenn sie im Wasser auftreffen.
8. Außer diesen Menschen, deren Stimmen, wenn schon nichts besonderes, so doch wenigstens natürlich sind, stelle Dir einen Haarauszupfer vor, der seine dünnes, schrill tönendes Organ auf Dauerton stellt, um dadurch mehr auf sich aufmerksam zu machen, und der niemals schweigt, außer solange er Haare aus Achselhöhlen zupft und einen anderen an seiner Stelle zu schreien zwingt.
9. Schon höre ich die verschiedenen Werbesprüche eines Getränkeverkäufers, einen "Würstchenbudenbesitzer", einen Zuckerbäcker und alle Inhaber von “Fastfood-Filialen”, wie sie ihre Ware mit ihrer persönlichen, auffallenden Tonart anpreisen.

[15] Ich sage es frank und frei: ich werde deshalb diesen Ort verlassen. Ich wollte mich erproben, wollte üben:
(Doch) wozu ist es nötig, sich länger zu quälen, wo doch Odysseus ein so leichtes Mittel für seine Gefährten sogar gegen die Sirenen gefunden hat?
Leb wohl!

Übersetzung: Hans-Jürgen Günther



Seneca (latein)


Seneca

zurück zu Klassenarbeiten


Hans-Jürgen Günther

Zurück zur Hauptseite