Dichter und Gelehrte

Dante Alighieri wurde im Mai 1226 in Florenz geboren und starb am 14.09.1321 in Ravenna. Er war ein Dichter, der uns in seinen Werken viel über die Verhältnisse überlieferte, die im mittelalter- lichen Europa herrschten( Lebensart, Menthalität; Religion).Wo genau sein Geburtshaus in Florenz stand, vermutet man nur, denn es wurde 1302 zerstört jedenfalls sicher im mittelalterlichen Stadtviertel San Martino (auch Dankeviertel genannt), in dem heute die 1911 wiederaufgebaute Casa di Dante (Museum) steht. Hier soll der Dichter übrigens auch seiner Muse, der vielbesungenen Beatrice, begegnet sein.

Dantes Schilderungen von seiner fiktiven Wanderung durch die drei Reiche des Jenseits unter der Führung Vergils,

Der gefallene Engel (Paradies)
Der Höllenhund (Hölle)

Löwe (Purgatorio)

durch Hölle (Inferno), Fegefeuer (Purgatorio) und Paradies (Paradiso), sind so handfest und realistisch, daß man sich bei genauer Kenntnis des epischen Gedichtes, etwas salopp ausgedrückt, wie auf einem Osterspaziergang fühlen mag, an dem man statt seinen Nachbarn eben den Seelen verstorbener Berühmtheiten aus Dantes Zeit begegnet. Fast 600 Personen nennt der Dichter beim Namen, und mit den meisten ihrer Träger geht er ganz und gar nicht sanft um. Die Brille, durch die er seine Zeitgenossen sieht, ist stark ghibellinisch gefärbt, also kaisertreu. Denn aus dem früheren guelfischen Ritter von Campaldino war allmählich ein "Weißer", ein Abtrünniger geworden, dessen Gedanken stark ghibellinische Züge annahmen und der daher - später fühlte er sich wieder mehr zu den "Schwarzen" hingezogen - von seiner Heimatstadt Florenz an die oberitalienischen Höfe verbannt wurde.Er ließ sich in Ravenna nieder. Dort entstand in den beiden letzten Jahrzehnten seines Lebens (1307-1321) die »La Commedia«,die erst 1555 durch Boccaccio den Zusatzt erhielt. Da Dante die "Divina Comedia" aus der Sicht des Sünders schrieb, nahmen seine Zeitgenossen an, er habe die beschriebene Reise wirklich unternommen, und die beschriebenen Verdammten wirklich gesehen. So bekam er schon zu Lebzeiten einen wahrhaft geheimnisvollen Ruf.

Dantes Werk, das am Anfang der italienischen Literatur steht, blieb auch ihr Hauptwerk über all die Jahrhunderte hinweg. Die Kraft und Schönheit des dichterischen Ausdrucks, seine Harmonie und Geschlossenheit, die Würde und Tiefe seiner Gedanken machten aus diesem Epos ein zeitloses Beispiel abendländischer Dichtkunst.

Während man in Deutschland die »Göttliche Komödie erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts wiederentdeckte, befaßte man sich in Italien - nicht zuletzt in Dantes Heimatstadt Florenz - in zahllosen bildlichen Darstellungen ständig mit dem großen Dichter und seinem Werk. Botticelli etwa verewigte sich und Dante u.a. in seinen zauberhaften zarten Zeichnungen, auch Raffael tat dies in seinen Bildern. Und natürlich Giotto, der Dante in seinen Fresken von San Francesco in Assisi festhielt. Michelangelo hat über Dante sogar ein Gedicht verfaßt: ». . . Von Dante red ich, dessen Sang, den echten, / hat jenes undankbare Volk verkannt, / das nimmer läßt gedeihen den Gerechten. /0 wär ich er: zu solchem Los erwählt, / mit seinem edlen Sinn elend verbannt! / Ich gäbe drum das höchste Glück der Welt.«

Außer der Literatur und der bildenden Kunst hat Dante die italienische Sprache insgesamt geprägt. Aus seiner Sprache, der Volkssprache der Toskana, bildete sich die Hochsprache Italiens.

Ein großer Verehrer Dantes war Francesco Petrarca (1304-1374). An Giovanni Boccaccio schrieb er: »Ihn genug zu bewundern und zu preisen, fehlt mir fast die Kraft - diesen Mann, den weder die Ungerechtigkeit noch die Stachel persönlicher Feindschaften, noch Liebe zur Gattin, noch die väterliche Fürsorge für seine Kinder von der Bahn losreißen konnten, die er sich einmal bestimmt hatte, wo doch viele gerade dann, wenn sie hohen Geistes sind, so zart veranlagt zu sein pflegen, daß leichtes Murmeln schon sie von ihrem innigsten Vorsatz abbringen kann ... Ich bin vom Stil und vom Ingenium dieses Mannes entzückt, und nie habe ich anders als mit großen Worten von ihm gesprochen...«

Petrarca, einer der größten Söhne von Arezzo, sollte Humanismus-Geschichte schreiben. Als leidenschaftlicher Sammler antiker Handschriften machte er die Wiederentdeckung von Ciceros Briefen an Atticus und sorgte durch seine Abschriften für deren Verbreitung. Gleichzeitig schuf Petrarca die Grundlage zur philologischen Erforschung der Antike, weshalb er gerne als der erste Humanist bezeichnet wird. Viele kennen und schätzen ihn aber hauptsächlich als den ersten inbrünstigen Liebesdichter italienischer Sprache. Seine Sonette und Canzoni richteten sich an die ideale Geliebte Laura und prägten die gesamte Liebeslyrik der nachfolgenden Jahrhunderte. Die Geschichtsschreibung bezeichnet Petrarca auch gerne als den ersten modernen Menschen. Er scheute sich nicht, über das Erlebnis seiner eigenen Einmaligkeit zu schreiben.

Dritter im Bunde der großen toskanischen Dichter, deren Werke die italienische Sprache so stark formen sollten, ist Giovanni Boccaccio (1313-1375). Der Verfasser eines mythologischen Handbuches war allerdings mehr Gelehrter denn Dichter. Der Nachwelt vermachte er aber in der Hauptsache den "Decamerone" (1348-1353), eine Sammlung burlesker Novellen über die vielfältigen menschlichen Beziehungen, in ihrer Brisanz Dantes »Commedia« nicht unähnlich, auch sie vielfach von bildenden Künstlern dargestellt und damit immer wieder aktuell gehalten.



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Peter Bär
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