Die Geschichte der Etrusker

Die Etrusker unterscheiden sich in ihrer Kultur von den übrigen Italikern, deshalb ist ihr Ursprung umstritten. Nach Dionysios von Halikarnassos sind sie Angehörige der vorindogermanischen Urbevölkerung Italiens, sämtliche materielle Hinterlassenschaften und Zeugnisse scheinen ihren Ursprung in Italien zu haben. Von Herodot wurde jedoch überliefert, sie wären im 9. Jahrhundert v. Chr. von Kleinasien aus zur See nach Etrurien gekommen. Herodot: "Man sagt, in ganz Lydien habe eine große Hungersnot stattgefunden. Einige Zeit setzten die Lyder ihr gewohntes Leben fort. Doch als das Übel nicht nachließ, sondern ständig schlimmer wurde, teilte der König das lydische Volk in zwei Gruppen; und er zog Lose, welche Gruppe bleiben und welche das Land verlassen sollte. Die Lyder, die das Los zum Verlassen des Landes bestimmt hatte, zogen hinab nach Smyrna, bauten Schiffe, beluden diese Schiffe mit all ihrer Habe und setzten die Segel, um eine neue Heimat zu suchen, und als sie die Küste vieler Länder umfahren hatten, erreichten sie das Land der Umbrer. Dort blieben sie und gründeten Städte, in denen sie bis zum heutigen Tag leben." Zwar können kulturelle Beziehungen zum Osten nicht geleugnet werden, aber sie müssen nicht zwingend als Beweiß für die Überlieferung des Herodot gelten, denn sie können auch Folge von Kulturkontakten sein, beispielsweise gerieten die Etrusker sehr früh mit griechischen Kolonien in Berührung. Aber es konnte nachgewiesen werden, dass in Mittel- und Oberitalien die sogenannte Villanovakultur (benannt nach dem Ort Villanova bei Bologna) um 700 v. Chr. ohne Bruch in die Etruskische Kultur übergingen, daher sind die Etrusker eine Kombination aus dieser und aus fremden Zuwanderergruppen. Im 7. Jahrhundert v. Chr. schreibt der Dichter Hesiod über die Etrusker. Aus den folgenden Jahren stammen die ersten entdeckten Inschriften. Doch die Herkunft ist umstritten. Die etruskische Kultur ist ein Ergebnis eines langen Prozesses, einer vielschichtigen scheinbar unbemerkten Entwicklung. Selbst die Griechen quälten noch einige unbeantwortete Fragen, wie der Ursprung der isolierten Sprache der Etrusker.

Die erste Besiedelung fand im 8. Jahrhundert in den Küstengebieten statt (Caere, Tarquinii, Populonia), dort entstand eine Ansammlung von Hütten. Im 6. Jahrhundert erweiterten die Etrusker ihren Herrschaftsbereich nach Norden in die Poebene, und nach Süden. Sie versuchten schließlich das römische Volk zu beherrschen. Die einzelnen Schlachten hatten unterschiedliche Ausgänge. Bald wurde jedoch Laris Porsenna zu Hilfe gerufen, der Rom dann auch wirklich belagerte und später auch eroberte. Daher stand Rom unter der Herrschaft dieses etruskischen Königs aus dem Geschlecht der Tarquinier. Um Laris Porsenna ranken sich viele Anektoten, die wohl von den Römern erfunden wurden, um ihre Niederlage zu verarbeiten. In der 2. Hälfte des 6 Jahrhunderts dehnten die Etrusker ihren Herrschaftsbereich auf Kampanien aus. Um 540 v. Chr. gelingt es den Etruskern im Bund mit Karthago die ein griechisches Volk namens Phokäer bei Alalia auf See zu besiegen. Dadurch verhinderten sie deren Festsetzung auf Korsika und behielten ihre Seeherrschaft. Der Expansion der Etrusker lagen weniger machtpolitische Motive als vielmehr wirtschaftliche Erfordernisse zugrunde.

Die Etrusker bildeten eine Reihe von Stadtstaaten. Die zwölf mächtigsten in Etrurien waren zu einem Bund vereinigt worden. Allerdings gab es nur selten gemeinsames Vorgehen der Mitglieder. Im Gegensatz dazu existierte jedoch eine sehr enge religiöse Bindung, kultureller Mittelpunkt war das Heiligtum der Gottheit Voltumna in Volsinii. Später gab es auch ähnliche Städtebünde in der Poebene und in Kampanien.
Im 5. Jahrhundert v. Chr. setze der Verfall der etruskischen Macht ein. Der letzte etruskische König Tarquinius Superbus wurde 509 aus Rom vertrieben. 504 wurden die Etrusker bei Aricia von den Latinern geschlagen, die mit Kyme verbündet waren. In der Seeschlacht von Cumae wurden sie 474 durch Hieron I. von Syrakus auf Hilferuf der Cumaner besiegt. Von dieser Niederlage konnte sich das Volk nicht mehr erholen und nach der Seemacht fiel auch der einst so mächtige Staat. 430 verdrängten die Samniten die Etrusker aus Kampanien. Um die Wende vom 5. zum 4. Jahrhundert wurden die meisten etruskischen Städte in der Poebene durch eindringende Kelten erobert. Später bedrohten diese auch Etrurien selbst.
396 v. Chr. wurde das etruskische Veji nach langen Belagerungen schließlich eingenommen und zerstört. Man weiß wenig über vorhergegangene Konflikte zwischen Römer und Etrusker, doch den Römern war es vor Veji noch nie gelungen, etruskisches Land unter Kontrolle zu bringen. Dem bereits bekannten Charakterzug der Römer, der ungeheuer grausamen Rücksichtslosigkeit, ist es zu verdanken, dass die Stadt komplett zerstört wurde. Ab 350 v. Chr. standen immer mehr Teile Etruriens unter römischem Einfluss. Nach der Schlacht bei Sentinum in Umbrien (295), am vadimonischen See in Latium (283) und dem Fall von Volsinii (265) wurden die Etrusker bald waffenpflichtige Bündner Roms (socii). Nach dem Bundesgenossenkrieg (91-89) erhielten die Etrusker das römische Bürgerrecht und galten damit nicht länger als eigenständige Kultur. Im 1. Jahrhundert existierte Etrurien, das inzwischen VII. römische Region war, nur mehr in der Erinnerung. Bald vermochte niemand mehr etruskisch zu sprechen oder zu schreiben. Nur Religion und Sitten blieben lange Zeit erhalten. Eine völlige Romanisierung und eine Übernahme der römischen Namen in der Oberschicht gab es allerdings erst unter Augustus.

Die Kultur der Etrusker

Wie im Griechischen waren die Buchstabenformen regionalen und zeitlichen Veränderungen unterworfen. Längere Texte sind bis heute größtenteils unverstanden. Lediglich Inschriften und Grabsteine können entziffert werden. Es gibt etwa 7500 teils kurze, teils sehr kurze Texte die zwischen dem 8. und 1. Jahrhundert v. Chr. verfasst wurden. Etwa 90 Prozent aller Texte sind Grabschriften. Doch ein Hinweis, nämlich eine Inschrift im ostasiatischen Lemnos weist darauf hin, dass ihre Sprache nur aus Kleinasien kommen kann. Silbentrennung, Grammatik und Wortschatz stimmen peinlich genau mit dem der Etrusker überein. Doch die fehlenden Übereinstimmungen in den restliche Kulturbereichen des lemnischen Kulturkreises lässt die Wissenschaftler auf neue Probleme stoßen.

Nach griechischen Vorstellung wanderten die Etrusker vom 14 -12 Jahrhundert vor Christus ein. Ihre Wohnsiedlungen wurden auf strategisch günstigen Plateaus errichtet, die teilweise mit Ringmauern geschützt sind. Früh werden bronzen Geräte, Gefäße und Waffen erfunden. Einfache Keramikformen, das Langschwert und Schmuck aller Arten wurden sehr früh (11. Jahrhundert. v. Chr.) zu zentralen Erzeugnissen. Markant sind die Friedhöfe. Denn ab dieser Zeitperiode wurden die Leichen nicht mehr verbrannt, sondern unverbrannt in Erdschäften beigesetzt. Bald wurden Veji und Tarquinia eine wichtige Handelsverbindung mit Griechenland. Ein starkes Bevölkerunsgswachstum und die immer prunkvolleren Gräber zeichnete die Villanova-Kulturperiode aus. In den folgenden Jahrhunderten treten die Etrusker immer selbstbewußter auf. Auch Volker im Norden betrieben mit den Etruskern Handel. Großteile der Kunst der Kelten sind auf die Erkenntnisse und Erfahrungen durch den Handel mit den Etruskischen Volk zurückzuführen. Die "Discipline etrusca" hießen die religiösen Überlieferungen in denen alles Wissenswerte zusammen gefasst wurde, von der Blitzlehre über das Lesen aus Eingeweiden bis hin zu Ritualbüchern. Die "etruskische Disziplin" war der richtige Umgang mit dem Götterwillen, der durch die Medien wie Blitz und Eingeweide gedeutet werden konnte. Seit dem 7 Jahrhundert v. Chr. übernahmen die Römer viele Eigenschaften der Etrusker. Die Schrift, die Sitte der Nach und Vornamen und auch das Zahlensystem. Auch im Bereich der Architektur übernehmen die Römer einige Stile. Der Tod war für die Etrusker nie Grund zur Trauer viel mehr war er eine freudige Fortsetzung des Lebens.

Unter den vielen Kulturkreisen in Italien war die Kunstfertigkeit der Etrusker bis zum Aufkommen der römischen Zivilisation am weitesten entwickelt. Im 8. und 9. Jahrhundert vor Christi Geburt entstand die Villanova-Kultur, die man mit der geometrischen Epoche in Griechenland zur selben Zeit vergleichen kann. Im 7. Jahrhundert v. Chr. begann die eigentliche Blütezeit Etruriens, Archaik genannt, die zunächst durch altorientalische Kulturen beeinflußt war und deshalb auch orientalische Phase genannt wird. Erst im 6. Jahrhundert - in der zweiten Hälfte der Archaik - war die etruskische Kunst stark vom griechischen Stil geprägt. Es folgte eine Übergangszeit bis in der letzten Epoche der etruskischen Kunst der Hellenismus (3. bis Anfang 1. Jahrhundert v. Chr.) zu voller Blüte gelangte. Viele Charakteristiken der Porträtdarstellung und der etruskischen Architektur wurden später von den Römern übernommen, die noch bis in die Neuzeit einen bedeutenden Platz in unserer Geschichte einnehmen.

Es war nicht einmal möglich über die etruskische Sprache eine Verwandtschaft zu anderen Kulturen herzustellen. Die Etruskische Sprache ist einzigartig und findet sich wahrlich nur einmal auf dieser Welt. Das etruskische Alphabet ist dem griechischen entlehnt und abgeändert. Es ist zwar durchführbar die Schrift zu lesen, aber nicht zu verstehen. Inzwischen konnte ein Stammwortschatz von 200 Wörtern übersetzt werden. Hinzukommen noch die Eigennamen. Leider fand sich bis zum heutigen Tage kein brauchbarer Zweisprachentext. Zwar existieren solche Texte z. B. auf Grabsteinen, fatalerweise bestehen sie durchwegs aus Eigennamen. Zum bekanntesten Zweisprachentext zählen die Goldbleche von Pyrgi, die in etruskischer und phönizischer Sprache verfasst sind. Doch auch hier ist das Punische unverständlich. Die These über die Abstammung von den Lydern, also aus dem griechischen Raum, gewinnt durch die griechische Insel Lemnos Land, da hier ein etruskischer Grabsteintext gefunden wurde. Ebenfalls waren die Etrusker sehr mit der griechischen Kultur vertraut. Es bestand ein umfassender Handel mit Griechenland. In den etruskischen Nekropolen wurden so weitausmehr griechische Vasen geborgen als in so manchen griechischen Gräbern. Womöglich ein Hinweis auf ihre Herkunft. Aber gesicherte Erkenntnisse liegen nicht vor. Das Geheimnis der Etrusker hat seit ihrer Erforschung keine Wende genommen.

Über den Einfluss der Etrusker auf die Stadtgründung Roms

Das städtische Gemeinwesen, das wir in der ältesten politischen Geschichte Roms, der Königszeit, dann vor uns sehen, kann nicht ohne die Hilfe der Etrusker entstanden sein. Denn die städtische Siedlungsform finden wir seit dem 9./8. Jahrhundert unmittelbar nördlich von Rom, nämlich in Etrurien; die erste griechische Stadt hingegen lag Hunderte von Kilometern weiter südlich (Kyme am nördlichen Gestade des Golfs von Neapel). Etruskisch ist auch der Name Roma, der von einem etruskischen Geschlecht der Romulier abgeleitet ist; der mythische Stadtgründer Romulus ist also ein Romulius. Etruskisch sind auch die Insignien des Herrschers, der Goldkranz, die goldbestickte Purpurtunika und der ebenso verzierte Purpurmantel, die Schnabelschuhe, das Rutenbündel mit dem Beil (fasces) und der Klappstuhl (sella curulis), ferner die Gehilfen der Amtsführung, die Liktoren, und die Sitte des Triumphs sowie die gesamte staatliche Vorzeichenschau, mit deren Hilfe der Wille der Götter erforscht wurde. Die formelle Abgrenzung des Stadtgebietes vom Landgebiet, die religiös-magischen Charakter hatte und durch das Ziehen einer heiligen Furche (pomerium) erfolgte, dürfte auch etruskisch sein (die heilige Stadtgrenze schloss übrigens das Kapitol und den Aventin-Hügel aus). Wir haben nach allem mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit anzunehmen, dass die eigentliche Stadtgründung das Werk eines Etruskers war, der als Herrscher (lateinisch: rex) das neue politische Gebilde lenkte. Der Zeitpunkt dieses politischen Aktes dürfte irgendwann im 7. Jahrhundert liegen. Ein weiteres Argument für die Zuweisung der Stadtgründung an die Etrusker: Die Trockenlegung des Forums um 600 v. Chr. setzt eine Kulturstufe voraus, die damals nur die Etrusker erreicht hatten Hinzu kommt: Politisch-militärisch war das frühe Rom in drei große Verbände, die Tribus der Ramnes, Tities und Luceres, aufgegliedert, somit in Einheiten, die etruskische Namen führten.



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Sebastian Sommer
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