Der Ablauf eines Prozesses

Ein Prozess war in drei Teile gegliedert:  

Für eine Anklage (Denunziation) genügte die Aussage einer beliebigen Person ohne Beachtung ihrer Glaubwürdigkeit oder Vergangenheit. Man ging zunächst von der Richtigkeit der Aussage aus, weshalb sie nicht bewiesen werden musste. Gründe waren oft subjektiv, z.B. Hass auf Konkurrenten, Neid und Eifersucht; religiöser Fanatismus führte zu Aberglaube, Angst und Wahn. Viele Frauen wurden wegen einer geistigen oder körperlichen Behinderung für vom Teufel besessen gehalten und denunziert. Andere wurden für Plagen und Krankheiten verantwortlich gemacht.
 

Zurück zum Seitenanfang


Der eigentliche Prozess wurde vor einem weltlichen Gericht geführt, da das maleficium, d.h. die zauberische Übeltat, sehr hart bestraft wurde und das kirchliche Gericht deshalb nicht zuständig sein konnte. Zu Beginn wurden die Frauen entkleidet; außerdem entfernten die Inquisitoren durch Versengen oder Abschneiden jegliche Körperbehaarung der Angeklagten, damit kein Zaubermittel verborgen bleibe. Grundsätzlich befanden sich die Inquisitoren in der stärkeren Position, da man das Unschuldsprinzip nicht kannte und stets von der Schuld der Angeklagten ausging. Des weiteren sah man es als erwiesen an, dass Gott es niemals zulassen würde, dass ein Unschuldiger verurteilt würde. Einen Verteidiger gab es nicht; das Gericht argumentierte damit, dass jemand, der einen Anwalt wolle, diesen wohl auch nötig habe, deshalb wäre dadurch nicht nur der Verteidiger in Schwierigkeiten gekommen, sondern auch die Angeklagte hätte ihre Schuld bewiesen. Weil der Teufel als sehr mächtig angesehen wurde, konnte man den Hexen nicht auch noch den Schutz der Gesetze zugestehen, da man sie sonst nicht ausreichend bekämpfen könnte, wie der Philosoph Jean Bodin schrieb. Als nächster Schritt wurde die peinliche Befragung durchgeführt. Die Fragenkataloge enthüllten nicht selten die sexuellen Phantasien der Richter; so fragten sie z.B. (Auszug aus dem Fragenkatalog des badischen Landrechts 1588):

  1. "Wann ihr der Teufel erschienen?"
  2. "Ob er auch Heirat oder allein Buhlschaft von ihr begehrt?"
  3. "Wie er sich genannt, was er für Kleider getragen habe?"
  4. "Ob sie nichts Teuflisches an ihm gesehen und wisse?"
  5. "Ob der Teufel nach dem Pakt mit der Angeklagten geschlafen habe?"
  6. "Auf welche Weise ihr der Teufel die Jungfräulichkeit geraubt habe?"
  7. "Wie der Penis des Teufels sei und wie sein Samen?"
  8. "Ob der Koitus mit dem Teufel ihr bessere und größere Lust bereitet habe als der mit einem natürlichen Mann?"
  9. "Ob der Teufel mit der Angeklagten es mehrfach in der Nacht getrieben habe?"
  10. "Ob er den Koitus immer in natürlicher Weise ausgeführt habe oder auch mit anderen Teilen des Körpers?"
  11. "Ob sie von anderen Männern auf natürliche Weise geschwängert worden sei?"
  12. "Was sie mit dem Säugling getan habe, ob das Kind gelebt habe?"
  13. "Auf welche Weise sie es getötet habe?"
  14. "Ob sie sich auch gegen die Natur versündigt habe?"

Einige Methoden der Wahrheitsfindung waren die Hexenproben (Wasserprobe, Tränenprobe, Nadelprobe). Seit Einführung der Constitutio Criminalis Carolina 1532 konnte die Angeklagte durch Folter zum Geständnis gezwungen werden. Folterinstrumente waren u.a. der Daumenstock oder der spanische Stiefel. Oft kam es vor, dass eine Angeklagte während der Folter starb; nur selten wurde die Folter ohne Geständnis überstanden. Das Gericht sah die Folter dabei als Hilfe an, damit die Angeklagte auch gegenden Willen des Teufels gestehen könne. Als Hohn kann man die angeblichen Rechte der Angeklagten beispielsweise im Kurfürstentum Köln betrachten: Sie durften nur einmal gefoltert werden, das nur einen Tag lang und sie hatten sogar das Recht auf Pausen während der Tortur; das erpresste Geständnis musste einen Tag nach der   Folter wiederholt werden, damit es für eine Verurteilung ausreichte. Natürlich wurden diese Rechte während eines Prozesses nie berücksichtigt. Dafür wurde eine geständige Hexe zuerst erwürgt bzw. enthauptet und dann verbrannt. Dabei konnte der Richter auch Strafminderung versprechen, um jemanden zum Geständnis zu bewegen, ohne dieses Versprechen später einzulösen.

Des weiteren wurden die angeblichen Hexen über ihre Gehilfen und Zauberkumpanen befragt, ferner über ihre geheimen Treffpunkte. Dies führte häufig dazu, dass der Denunziant selbst der Hexerei angeklagt wurde. Die oben erwähnte Strafminderung, d.h. einen milderen Tod, konnte eine Hexe auch durch Nennen dieser Leute erreichen. Auf diese Weise wurden sogar ganze Dörfer oder Gemeinden entvölkert.
Vor dem Urteil wurde die Hexe noch einige Zeit gefangen gehalten, falls es sich herausstellen sollte, dass sie Namen von weiteren Zauberkumpanen verschwiegen habe. Die Kosten dafür mussten selbstverständlich die Familie oder die Angeklagte selbst übernehmen.

Zurück zum Seitenanfang



In aller Regel endete der Prozess mit dem Todesurteil durch Verbrennung. Freisprüche waren äußerst selten. Doch auch in diesem Fall war das Leben der betreffenden Frau zerstört, da ihr während des Prozesses sowohl psychisch als auch physisch geschadet und sie durch die Folter zum Krüppel gemacht wurde. In jedem Falle musste die Hexe oder deren Angehörige, die nach dem Prozess genau überprüft wurden, für die Prozess- und meist auch die Hinrichtungskosten aufkommen. Das übrige Vermögen wurde von der Kirche konfisziert.
 

  

         

Rüdiger Schmedding und Felix Schmid

Zurück zur Hauptseite